In den 60-er und 70-er Jahren entwickelte
der französische Arzt Dr. Albert ARLEN die nach ihm benannte
Therapie, zu der es mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche / pseudowissentschaftliche
Publikationen gibt.
Theoretische Grundlagen
Die Nerven- und Muskelstrukturen der oberen
Halswirbelsäule bilden eine besondere Übergangszone dichter
Nervengeflechte ( dem sogenannten Nackenrezeptorenfeld)
zwischen der Gehirn- und Rückenmarkebene mit
besonderen Verbindungen zum Gleichgewichtsorgan, zum vegetativen
Nervensystem (Sympatikus - Parasympatikus) und zu bestimmten Hirnzentren, in denen die Grob- und Feinmotorik geplant wird.
Schon SHERRINGTON fiel im Jahre 1897 auf,
daß die Reizung der oberen Nackennervenendigungen gänzlich andere Folgen
hat, als die der übrigen Rückenmarknerven.Es muss also ein Mechanismus existieren, der global auf die
Tonussteuerung der gesamten quergestreiften Muskulatur Einfluss
nimmt. Somit werden scheinbar auch fehlerhafte Informationen bei krankhaften Zuständen der Muskulatur und der Gelenke an das Gehirn weiterleitet.
An den kurzen Nackenmuskeln fand man eine
bis zu 100 mal größere Rezeptorendichte als an anderen Muskeln
des Körpers, sodass diese Strukturen in erster Linie nicht als
Muskeln, sondern mehr als "Sinnesorgane" gelten müssen.
ARLEN verband diese Erkenntnisse mit der
Tatsache, daß auch beim Menschen in großen Abschnitten des
Körpers noch sog. metamere Gliederungen bestehen.
Das bedeutet, dass zu jedem Nerv jeweils ein Haut-, ein Muskel-,
ein Gefäßareal und ein Areal für innere Organe kommen. Dieses
Prinzip ist zwar nicht so konsequent aufgebaut, wie etwa bei
einem Regenwurm, aber doch vergleichbar. Eine Ähnlichkeit mit den Head´schen Zonen scheint möglich.
Der Schlüssel zum Zugang dieser hochempfindlichen Strukturen liegt an den Querfortsätzen des ersten Halswirbel, dem Atlas.
Wichtig für die Behandlung ist die exakte Positionsanalyse
durch ein Röntgenbild, um die Stellung des ersten Halswirbels, der bei fast keinem Menschen
genau mittig ist, zu ermitteln.
Diese Diagnose wird dann durch den Tastbefund
in Kombination mit den speziellen Röntgefunktionsnaufnahmen noch genauer gesichert um später die Behandlungsrichtung und die Impulsstärke-/Frequenz festzulegen.
Behandlungstechnik
Die Reflexe des Nackenrezeptorenfeldes sind
bei allen Menschen vorhanden und sowohl beim Gesunden als auch
beim Kranken als Globalreflex durch die Atlastherapie auslösbar.
Am sitzenden Patienten werden entsprechend
dem Ergebnis der Positionsanalyse des Atlas mit dem Mittelfinger mehrmals ein
kurzer, „trockener" und zielgerichteter Impuls auf den Atlasquerfortsatz
gegeben. Der Impuls muß so kurz sein, daß der Aufbau von
Schutzreflexen unterbleibt, d.h. er sollte absolut schmerzlos und "ultraschnell" sein.
Die Impulsdauer liegt idealerweise bei 12-15
ms, was etwa einem Wimpernschlag entspricht.
Die Intensität des Impulses muss in der
Stärke variierbar und jederzeit exakt reproduzierbar sein.
Ziel der Behandlung ist nicht eine
räumliche Veränderung des Atlas, also kein, sogenanntes
"Einrenken" sondern die Auslösung eines Reflexes, der durch die mechanische Reizung der
hier dicht gedrängten und in höchster Anzahl zusammenlaufenden nervalen Strukturen als Auslöser dient.
Indikationen zur Behandlung
Therapeutische Erfolge sind beschrieben bei
- Sensomotorischen
Integrationsstörungen bei Kindern
(sog. Minimalen Entwicklungsstörungen, Schräglagesyndrome, KISS)
- Spastischen und grob~/feinmotorischen
Störungen
- muskulär bedingten Atemstörungen
- Schwindel und
halswirbelsäulenbedingte Hörstörungen und Stimmstörungen
- Bei Tinnitus ist ein
Therapieerfolg (Tieftonfrequenzen) möglich, ein Therapieversagen aber
nicht selten.
Als komplementäre Therapie bei Behandlung der Cranio-Mandibulären Dysfunktion (CMD)
Grundsätzlich gilt: Die Atlastherapie kann
keine untergegangenen Strukturen wiederherstellen, sondern kann
die Funktion der noch intakten mobilen Strukturen durch Tonusänderung in Kombination mit einem gezielten Muskelaufbau verbessern.
Gegenanzeigen
Echte Gegenanzeigen in Relevanz zum Risiko der Behandlung bestehen ausser beim Arnold Chiari Syndrom, knochendestruierenden Prozessen (z.B. TB, Krebs) und hochentzündlichen oder aktiven Prozessen nicht. Grenzen der Behandlung sind
fortgeschrittene Zerstörungen von Gewebe. Hier kann die Atlastherapie nicht helfen.
Die Hauptgefahr ist, die Behandlungsimpulse nicht richtig
zu dosieren und zu positionieren. Dadurch können Schmerzen und eine
Verschlechterung der bestehenden Krankheits - Situation ausgelöst werden. Dies sollte durch eine exakte Untersuchung und Positionsanalyse des Atlaswirbels weitgehend ausgeschlossen werden.
Die Behandlungserfolge können meist direkt nach der Behandlung vom Patienten selbst bei der Überprüfung der vorbestandenen Funktionsstörungen und Schmerzen überprüft werden.
Alternative Behandlungsmethoden sind z.B. im Rahmen anderer "Reflextherapien" vorhanden.
Kosten
Die Atlastherapie ist keine
kassenärztliche Leistung. Sie wird mit einer Analog-Ziffer nach der aktuellen
Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet.
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